Geschichte des Line-Dance (Seite 3)


vorherige Seite ...



Was ist mit Linedance und dem Countryimage? Der übliche Eindruck ist , daß Linedance zu Country gehört. Für den durchschnittlichen Nicht-Linedancer wird Linedance von Leuten in Cowboyklamotten getanzt die zu alten Countryklassikern wie Slim Dusty (Australien) oder Merle Haggard (USA) herumshufflen. Einige glauben Dank Film und Fernsehen das Linedance zu "Yeehaa"-Musik in Honky Tonks getanzt wird, wiederum in Cowboyklamotten . Während sich tatsächlich einige Linedancer westernstyled kleiden (Ich z.B.) und obwohl es viele Linedances gibt die in der Tat zu Musik im Stile von Haggard und Co oder Honky Tonk Musik getanzt werden, weiß jeder Linedancer, daß dies wirklich nur ein Teil der Linedanceszene ist.  Warum sehen nicht Linedancer uns derart? Fast sicher war es in erster Linie "Urban Cowboy" in den 80igern und vor allen Dingen "Achy Breaky Heart" 1982, die Linedance öffentlich bekannt gemacht haben. Dies hat Linedance zwar zu Popularität verholfen aber gleichzeitig die öffentliche Wahrnehmung zementiert, wie sie noch heute ist. Für Nicht-Linedancer tanzen wir immernoch Achy Breaky Heart etc.. Linedancer tragen immernoch Hut, Stiefel und tanzen nur zu Countrymusik.  Wenn Madonna oder Kylie Linedance benutzen würden um einen ihrer Hits zu vermarkten, wie es Billy Ray Cyrus damals tat, dann würde die öffentliche Wahrnehmung sich vielleicht vom Countryimage abwenden. Obwohl mir persönlich die Idee, das Linedance von Kylie oder der öffentlichen Meinung bestimmt wird nicht gerade schmeckt.

Mit den Vergehen des "Achy Breaky Heart"-Faktors hat sich ja nicht nur die Musik geändert, sondern auch das Outfit. In den 80ern war Linedance viel zu neu um eine eigene "Kleiderordnung" zu haben. Während des Booms in den 90ern wurde es aber üblich Westernkleidung zu tragen. Wohin man ging fand man Westerhemden, Buckles, Cowboystiefel, Hüte und Fransen. Dieser Trend ist heute in vielen Weltgegenden ausgestorben, obwohl es das in ländlichen Gegenden schon noch gibt. Sogar in den großen Städten findet man ab und an noch Hut und Stiefel obwohl die Jazzsneakers überall auf dem Vormarsch sind. Falls sie sich fragen .....- ich gehöre zur "Hut und Stiefel"-Truppe.

Was den beliebten Mythos betrifft, Linedance käme aus dem "Wilden Westen" des 19ten Jahrhunderts, das ist halt nichts als ein Mythos. Die Weißen dieser Zeit haben getanzt - manche jedenfalls (gerade so wie heute). Einige Schritte würden Linedancern von heute sogar bekannt vorkommen, aber das sind halt Schritte, die allen Tanzformen aller Zeiten gemeinsam sind. Es ist eine Tatsache, das was im Wilden Westen dem Linedance noch am ähnlichsten war, waren die Tänze der Indianer!

Eine andere Entwicklung die man beobachtet ist, dass neue Tänze immer schwieriger werden. Tänze die vor 5 - 10 Jahren als "Advenced" bezeichnet worden wären gelten heutzutage allenfalls noch als noch als "Intermediated". Jedes Jahr kann man sehen wie die anspruchsvolleren Tänze an Komplexität und Schwierigkeit zunehmen. Tänze von denen es noch vor ein paar Jahr hieß, sie seien nur für Turniertänzer machbar sieht man heute auf jedem Tanzboden. Tatsächlich haben es viele Ex-Wettkampftänze ins allgemeine Repertoire gebracht. Diese Entwicklung wird in England und Australien besonders deutlich und geht mit einem Bündel an Vor- und Nachteilen einher. Der eindeutigste Vorteil ist, dass das eine fortgesetzte Herausforderung für die fortgeschritteneren und experimentierfreudigeren Tänzer bedeutet. Ein fortgesetztes Wachstum - und Wachstum ist insgesamt Voraussetzung für das weitere Überleben. Mit dem Anstieg der Schwierigkeit wird Linedance immer professioneller. Natürlich nur im Hinblick auf sein Erscheinungsbild nicht im Hinblick auf Bezahlung. Der Vorteil an der Sache ist, je professioneller eine Tanzform wird um so besser kann sie sich halten. Die Kehrseite ist, dass es für Anfänger immer schwerer wird mitzukommen (so ergeht es übrigens auch Tänzern die nicht herausgefordert werden wollen) und Leute die überhaupt erst einsteigen wird es noch schwerer fallen. Das alles unterstreicht die Notwendigkeit echte Anfängerkurse durchzuführen und sich auch um diese Tänzer zu kümmern - schließlich erwachsen aus diesen Reihen später die erfahreneren Tänzer.  

Solange die Choreographen immer schwierigere Tänze schreiben und die Tänzer immer noch raffiniertere Tänze verlangen wird diese Polarisierung weitergehen.
Man fragt sich ob dies irgendwann zu zwei verschiedenen Linedance-Lagern führt - die Anfänger/Partytänzer, die nur Oldies und ein paar neue Anfängertänze tanzen und die "Hardcorefans", die dann schon eher Vorführungs- oder Bühnentänzer wären? Diese Polarisation prägt auch das Bild in anderen Tanzformen wie Standard/Latein, Ballett, Stepptanz, Tango etc.. Unzweifelhaft ist Linedance auf dem gleichen Wege.  Man sieht das schon heute am wachsenden Unterschied zwischen Linedance als Freizeitbeschäftigung und Linedance als Turniersport. In den 90ern waren Wettkampftänze noch  dasselbe wie Freizeittänze - halt nur ein wenig besser. Heute gibt es eine riesen Unterschied, nicht so sehr in den Tanzschritten sondern im Vortrag. Turniertanz ist, in einem Wort, professionell geworden. Das hat Linedance den Respekt verschafft, den es früher nicht hatte, dafür wird aber Turniertanz immer uninteressanter für die Freizeittänzer.